Biodynamischer Weinbau: Im Rhytmus der kosmischen Kräfte
Davide Emmanuele2023-04-20T11:53:23+02:00Es gibt eine Produktionsform für die Herstellung von Trauben und Wein, die als Biologisch-Dynamischer Weinbau bekannt ist. Rudolf Steiner, ein österreichischer Anthroposoph, hat diese Form in den 1920er-Jahren entwickelt. Steiner glaubte, dass die Krankheit einer Pflanze auf den Einsatz von chemischen Hilfsmitteln bei der Düngung zurückzuführen ist. Die Biodynamik wurde zuerst in der Landwirtschaft und im Gartenbau eingesetzt, bevor sie später im Weinbau angewendet wurde.
Der biodynamisch orientierte Weinbau verwendet verschiedene Maßnahmen des Biologischen Pflanzenschutzes bzw. Integrierten Pflanzenschutzes in sehr strenger Form. Das gesamte Ökosystem und dessen natürliche Ressourcen werden geschont, und die Lebensprozesse im Zusammenwirken irdischer und kosmischer Kräfte gezielt gefördert. Die Vorstellung von irdischen und kosmischen Kräften beruht auf der Anthroposophie von Rudolf Steiner und ist ein zentraler Bestandteil des biodynamischen Weinbaus. Nach dieser Lehre wirken auf der Erde sowohl physikalische als auch geistige Kräfte, die miteinander in Wechselwirkung stehen und das Leben auf der Erde beeinflussen. Kosmische Kräfte werden dabei als Einflüsse bezeichnet, die von Himmelskörpern wie dem Mond, der Sonne und den Sternen ausgehen und auf die Erde einwirken. Diese Kräfte sollen im biodynamischen Weinbau gezielt genutzt werden, um das Wachstum und die Entwicklung der Pflanzen zu fördern. So werden beispielsweise die Mondphasen bei der Aussaat und Ernte berücksichtigt und bestimmte Präparate zu bestimmten Zeitpunkten ausgebracht. Die irdischen Kräfte hingegen beziehen sich auf die Kräfte, die in der Erde selbst wirken, wie beispielsweise das Bodenleben und die Mikroorganismen. Der biodynamische Weinbau versucht, diese Kräfte gezielt zu nutzen und zu fördern, um ein gesundes und ausgewogenes Ökosystem im Weinberg zu schaffen.
Der Weinberg steht dabei im Mittelpunkt des Interesses. Der Rebschnitt, das Düngen, das Jäten und auch die Ernte richten sich nach einem Aussaatkalender. Der Boden wird gepflügt, wenn möglich mit Pferdegespann und nicht mit einem Traktor. Er wird mit Kompost revitalisiert und mit Mineralien behandelt, um wieder ein natürliches Gleichgewicht und einen Lebensraum für vielfältige Mikroorganismen zu schaffen. Kompost revitalisieren bedeutet, dass der Kompost wieder mit Nährstoffen und lebenden Mikroorganismen angereichert wird, um seine Qualität und seine Fähigkeit, den Boden zu verbessern, zu erhöhen. Beim Kompostieren werden organische Abfälle wie Laub, Gras und Pflanzenreste zu einem nährstoffreichen Bodenverbesserungsmittel abgebaut. Im Laufe der Zeit können jedoch Nährstoffe abgebaut und das Gleichgewicht der Mikroorganismen gestört werden. Um den Kompost zu revitalisieren, können dem Kompost weitere Nährstoffe wie zum Beispiel Tiermist, Kalk oder andere organische Materialien hinzugefügt werden. Durch die Zugabe von lebenden Mikroorganismen wie Mykorrhiza oder Komposttee wird die biologische Aktivität des Komposts erhöht. Das Ergebnis ist ein gesunder, nährstoffreicher Bodenverbesserer, der dazu beitragen kann, den Boden im Weinbau zu verbessern.
Die Erhaltung der Artenvielfalt und die Nutzung von regenerierbaren lebenden Ressourcen spielen eine wichtige Rolle. Diese sind natürliche Ressourcen wie Boden, Wasser, Pflanzen und Tiere, die durch ihre Nutzung nicht erschöpft werden und sich auf natürliche Weise erneuern können. Im Gegensatz dazu sind nicht-regenerierbare Ressourcen wie fossile Brennstoffe oder Mineralien begrenzt und werden durch ihre Nutzung aufgebraucht. Die nachhaltige Nutzung regenerierbarer lebender Ressourcen im Weinbau ist ein wichtiger Aspekt des Biologischen Weinbaus und des Biodynamischen Weinbaus, da er dazu beiträgt, die Umweltbelastung zu reduzieren und eine nachhaltige Produktion zu gewährleisten.
Zusätzlich zu den Methoden des Biologischen Weinbaus wird zur Stärkung der Naturkräfte der Weinrebe und zur Aktivierung der Lebensvorgänge im Boden der Einsatz spezieller Mittel vorgeschrieben. Eine zentrale Rolle als Düngemittel spielt das Horn von Rindern, das in Verbindung mit anderen Stoffen wie Kuhdung oder Quarzstaub in sehr geringen, homöopathischen Dosen verwendet wird (nur wenige Gramm/Hektar). Das Horn von Rindern wird als Düngemittel eingesetzt, um den Boden zu beleben und das Wachstum der Pflanzen zu fördern. Es wird in Form von Hornmistpräparaten verwendet, die durch eine spezielle Herstellungsmethode gewonnen werden. Dabei wird das Horn mit Kuhdung und Quarzsand gefüllt und für mehrere Monate im Boden eingegraben.
Das Hornmistpräparat wird in homöopathischen Dosen auf den Boden ausgebracht, um den Bodenorganismen Impulse zu geben und eine belebende Wirkung zu erzielen. Es enthält eine Vielzahl von Mikroorganismen und Spurenelementen, die für das Wachstum der Pflanzen wichtig sind. Die Anwendung von Hornmist soll zu einer Erhöhung der Bodenfruchtbarkeit, einer besseren Nährstoffaufnahme der Pflanzen und einer höheren Widerstandskraft gegen Krankheiten führen.
Allerdings gibt es keine wissenschaftlichen Beweise für die Wirksamkeit von Hornmist im Vergleich zu herkömmlichen Düngemitteln. Es ist daher umstritten, ob der Einsatz von Hornmist im Weinbau tatsächlich einen Nutzen bringt oder ob es eher eine esoterische Praktik ist.
Pflanzenstärkungsmittel mit widerstandsfördernder Wirkung gegen Schadorganismen werden ebenfalls eingesetzt. Zum Beispiel sind Aufgüsse von Kräutern oder getrocknete Kräuter sehr positiv für die Rebe. Brennnesseln sorgen für Ausgewogenheit und Harmonie im Weingarten. Kosmische Kräfte wie die Mondphasen und andere Gestirns-Konstellationen werden bei der Anwendung dieser Methoden berücksichtigt. Die Gestirnskonstellationen beziehen sich auf die relativen Positionen und Bewegungen der Himmelskörper, insbesondere der Planeten und des Mondes, zueinander am Himmel. In der Biodynamik geht man davon aus, dass diese Konstellationen eine Auswirkung auf die Entwicklung von Pflanzen und Tieren haben können und dass sie bei der Planung von landwirtschaftlichen Tätigkeiten und Maßnahmen berücksichtigt werden sollten. Zum Beispiel können bestimmte Mondphasen als günstig für die Aussaat oder Ernte angesehen werden, während andere Konstellationen als ungünstig betrachtet werden können. Speziell aber jene des Mondes beeinflussen gemäß Biodynamik-Lehre maßgeblich die Entwicklung der irdischen Pflanzen.
Der biodynamische Weinbau wird von verschiedenen Verbänden wie Demeter, Biodyvin oder respekt BIODYN zertifiziert.